Neues BMF-Schreiben: Schuldzinsen als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nach Veräußerung des Mietobjekts oder nach Wegfall der Einkünfteerzielungsabsicht

 

 

 

Gemäß § 23 I S.1 Nr. 1 EStG gelten Veräußerungsgeschäfte bei Grundstücken (...), bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt, als private Veräußerungsgeschäfte. Die Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften i.S.d. §§ 22 Nr. 3 i.V.m. 23 EStG unterliegen als sonstige Einkünfte (§ 2 I S.1 Nr.7 EStG) der Einkommensteuer.

 

Vorgeschichte:

 

Der BFH hat mit Urteil v. 20. Juni 2012 - IX R 67/10 - (BStBl 2013 II S. 275) seine bisherige Rechtsauffassung zur Frage der Abziehbarkeit nachträglicher Schuldzinsen bei den Einkünften aus VuV aufgegeben und entschieden, dass Schuldzinsen für ein zur Anschaffung eines Mietobjekts aufgenommenes Darlehen auch nach einer nach § 23 I S.1 Nr. 1 EStG steuerbaren Veräußerung weiterhin als Werbungskosten abgezogen werden können (nachträgliche Werbungskosten), wenn und soweit der Veräußerungserlös nicht zur Tilgung der Darlehensverbindlichkeit ausreicht. Auch für den Fall einer nicht nach § 23 I S.1 Nr.1 EStG steuerbaren Veräußerung hat der BFH mit Urteil vom 8. April 2014 - IX R 45/13 - (BStBl 2015 II S. XX) den Abzug bejaht, allerdings nur unter der Voraussetzung, dass der Grundsatz des Schuldentilgungsvorrangs berücksichtigt wurde. Der Werbungskostenabzug kommt lediglich dann in Betracht (wenn kein Surrogat angeschafft wird), wenn der Veräußerungserlös nicht ausreicht, um das Darlehen zu tilgen.

 

Im Urteil vom 21. Januar 2014 - IX R 37/12 - (BStBl 2015 II S. XX) hat der BFH die Auffassung vertreten, dass ein fortdauernder Veranlassungszusammenhang von nachträglichen Schuldzinsen mit früheren Einkünften i. S. d. § 21 EStG abzulehnen ist, wenn die Absicht zur Einkünfteerzielung bereits vor der Veräußerung weggefallen ist, unabhängig davon, ob diese ursprünglich bestanden hat oder nicht. Darüber hinaus hat der BFH unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsauffassung, wonach in den Fällen einer Veräußerung wegen der Beurteilung von Vorfälligkeitsentschädigung als Finanzierungskosten eines neu erworbenen Mietobjekts ausnahmsweise ein Werbungskostenabzug als zulässig angenommen wurde, mit Urteil 11. Februar 2014 - IX R 42/13 - (BStBl 2015 II S. XX) entschieden, dass ein Steuerpflichtiger die für die vorzeitige Ablösung seiner Darlehensschuld zwecks lastenfreier Veräußerung seines Mietobjekts zu entrichtende Vorfälligkeitsentschädigung auch dann nicht als Werbungskosten aus VuV abziehen kann, wenn der Veräußerungsvorgang nicht nach § 23 I S.1 Nr.1 EStG steuerbar ist.

 

Nun wird im neuen BMF-Schreiben der Rechtsprechung gefolgt und dementsprechend folgendes ausgeführt:

 

Für den Werbungskostenabzug nicht maßgeblich ist die Frage, ob die Veräußerung in den Anwendungsbereich des § 23 I S.1 Nr. 1 EStG fällt.

 

Unter der Voraussetzung, dass die Einkünfteerzielungsabsicht nicht bereits vor Veräußerung der Immobilie aus anderen Gründen weggefallen ist, sind Schuldzinsen nach der Veräußerung der zur Erzielung von Einkünften aus VuV genutzten Immobilie auch weiterhin als Werbungskosten abziehbar, wenn und soweit das Darlehen nicht durch den Veräußerungserlös getilgt werden kann, oder wenn der Schuldentilgung Auszahlungshindernisse entgegenstehen.

 

Eine im Rahmen der Veräußerung gezahlte Vorfälligkeitsentschädigung stellt infolge des Veranlassungszusammenhangs mit der Veräußerung keine nachträglichen Werbungskosten bei den Einkünften aus VuV dar, sondern ist vielmehr als Veräußerungskosten bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns (§§ 23 III S.1  i.V.m. 23 I S.1 Nr.1 EStG) zu berücksichtigen. Die bisherigen Rechtsgrundsätze sind letztmals auf Vorfälligkeitsentschädigungen anzuwenden, wenn das obligatorische Veräußerungsgeschäft der Immobilie vor dem 27. Juli 2015 rechtswirksam abgeschlossen wurde.

 

Gezahlte Schuldzinsen, die in der Zeit nach Aufgabe der Einkünfteerzielungsabsicht vor der Veräußerung der Immobilie abgeflossen sind, sind nicht  als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar.

 

 Bei Schuldzinsen für fremdfinanzierte Erhaltungsaufwendungen nach Veräußerung der Immobile, gelten die o.g. Grundsätze entsprechend, wenn das obligatorische Veräußerungsgeschäft nach dem 31.12.2013 rechtswirksam abgeschlossen wurde. In allen anderen Fällen bleibt das BMF-Schreiben vom 3. Mai 2006 (BStBl I S. 363) weiter anwendbar. Für nach Wegfall der Einkünfteerzielungsabsicht abgeflossene Schuldzinsen für fremdfinanzierte Erhaltungsaufwendungen, gelten die o.g. Grundsätze entsprechend, wenn die Einkünfteerzielungsabsicht nach dem 31. Dezember 2014 aufgegeben wurde. In allen anderen Fällen ist das BMF-Schreiben vom 3. Mai 2006 weiterhin anzuwenden. Die o.g. Grundsätze gelten ebenfalls entsprechend für eine im Rahmen der Veräußerung gezahlte Vorfälligkeitsentschädigung für die Ablösung einer Fremdfinanzierung von Erhaltungsaufwendungen der Immobilie.

Das BMF Schreiben ersetzt die BMF-Schreiben v. 28.3.2013 und v. 15.1.2014.

Dieter Staib

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